Die Ausbildung bei technoDENT wird multikulturell.
Eine Auszubildende verbrachte mehrere Monate in einem Dentallabor in Málaga.
Eine Auszubildende verbrachte mehrere Monate in einem Dentallabor in Málaga.
Im Januar 2017 erfuhren wir von der Möglichkeit, einen Austausch zwischen spanischen und deutschen Zahntechnikern im Ausbildungsstatus durchzuführen. Eine Abordnung des spanischen Austausch-Komitees der IES Santa Bárbara besuchte daraufhin unsere Räumlichkeiten, lernte die Zahntechnikermeister Dieter Müller und Torben Bernhardt kennen und hielt die technoDENT GmbH für eine geeignete Ausbildungsstätte für ihre entsendeten Austausch-Studenten.
Das erst seit 2014 bestehende „ERASMUS+“-Programm wird durch EU-Mittel finanziert und bietet die Möglichkeit der Übernahme von Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung und der notwendigen Auslandskrankenversicherung. Der ausbildende Betrieb zahlt während der Abwesenheit des Auszubildenden zusätzlich weiterhin die Ausbildungsvergütung. Das Erasmus-Programm für Studenten mit 30-jähriger Geschichte wurde also insofern erweitert, dass heute auch Auszubildende während eines organisierten Austauschs gefördert werden. Die Netzwerke zwischen Austauschinstitutionen (ausländische Fachschulen und deutsche Berufsschulen) sind allerdings noch im Aufbau, sodass wir erst drei Jahre nach der Erweiterung des Systems auf Ausbildungsberufe von dem Programm erfuhren. In anderen Gewerken finden ERASMUS+-Austausche schon seit mehreren Jahren statt.
Im März 2017 folgte im Zuge der „Europa-Woche“ ein Gegenbesuch in Spanien durch Herrn Bernhardt, begleitet von dem Europabeauftragten der Johannes-Selenka-Schule in Braunschweig, Herrn Heinrich. Gemeinsam lernte man den schönen Küstenort Málaga kennen, in dem zukünftige deutsche Auszubildende ihren beruflichen und kulturellen Horizont erweitern können würden. Ein Zusammentreffen mit dem Bürgermeister der Stadt und das Kennenlernen der potentiellen Austauschzahntechniker, standen ebenso auf dem Programm, wie ein Besuch der Fachhochschule IES und natürlich der dortigen zahntechnischen Abteilung. Der Ausstattungsstandard konnte bei weitem nicht mit dem des IZN in Hannover mithalten, dennoch wurden souverän alle Fertigungsmethoden abgedeckt und sogar der Umgang mit einem älteren CAD/CAM-Systems ist Bestandteil des Lehrplans gewesen.
Höhepunkt der Europa-Woche in Málaga war das Zusammentreffen mit dem Zahntechniker und Laborbesitzer José Manuel Paniagua, der mindestens genauso zahntechnikverrückt zu sein schien, wie Herr Bernhardt. Sprachliche Schwierigkeiten wurden mit Händen und Füßen kompensiert und nach einem gemeinsamen Mittagessen war klar: Dieses technisch gut aufgestellte Labor mit außerordentlich freundlicher Atmosphäre ist der richtige Partner zur Aufnahme eines unserer Auszubildenden.
Generell unterscheidet sich das spanische Berufsbildungssystem gänzlich vom deutschen dualen Ausbildungssystem:
In Deutschland erlernt man innerhalb von dreieinhalb Jahren die handwerkliche Praxis in meistergeführten Betrieben und bekommt parallel die theoretischen berufsbezogenen Kenntnisse in Berufsfachschulen vermittelt. Zusätzlich finden in einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte (beispielsweise das IZN in Hannover) drei einwöchige themenspezifische Lehrlingsunterweisungen statt. Außerdem sind eine Zwischenprüfung in Theorie und Praxis und eine einwöchige, sehr umfangreiche praktische Gesellenprüfung zum Erhalt des Gesellenbriefes nötig. Auch diese finden für niedersächsische Auszubildende in den Räumlichkeiten des IZNs statt, die technisch auf einem hohen und modernen Stand sind. Die Bewertungskriterien der Gesellenprüfungen haben einen hohen Standard und werden von einer mehrköpfigen Prüfungskommission bewertet.
In Spanien dagegen ist „técnico dental“ ein Studiengang. Innerhalb von zwei Jahren werden theoretische und praktische Grundlagen in einer Fachhochschule von Lehrkräften vermittelt und die praktischen Ergebnisse ebenfalls von den Lehrern bewertet. Das erworbene Wissen wird zum Abschluss in einem mehrmonatigen Praktikum in einem Dentallabor unter Realbedingungen gefestigt. Erst danach darf man als Zahntechniker auf dem freien Arbeitsmarkt tätig sein.
Wir waren uns bewusst, dass unter diesen sehr unterschiedlichen Voraussetzungen auch das Niveau der jungen ZahntechnikerInnen nicht ganz vergleichbar wäre. Entsprechend vorurteilsfrei und offen gingen wir an dieses Experiment heran.
Wir empfingen eine 19-jährige Studentin des IES Málaga, die ihr Studium gerade erfolgreich beendet hatte. Zum Abschluss der Studienzeit verbrachte sie zwei Monate in unserem Labor und konnte zeitweise auch dem Berufsschulunterricht in der Braunschweiger Johannes-Selenka-Schule folgen, der für sie auf Englisch geführt wurde. Obwohl man uns im Vorfeld Hoffnung auf deutsche Grundkenntnisse gemacht hatte, blieb die Kommunikation mit unserer Praktikantin bis zum Schluss englischsprachig. Ganz nebenbei wurden also auch die verdrängten Englischkenntnisse aller Kollegen wieder aufgefrischt.
Im Laboralltag stellten wir fest, dass ein fertig studierter spanischer Zahntechniker lange nicht so vielseitig im Betrieb eingesetzt werden kann, wie ein deutscher Auszubildender nach dem zweiten Lehrjahr, also nach identischer Lehrzeit. Bedingt gewesen ist dies nicht durch das persönliche Verhalten unserer spanischen Praktikantin, sondern durch unser einzigartiges duales Ausbildungssystem. Unter Anleitung verlief die Arbeit an den „perfekten“ Situationen von Übungsmodellen zwar erfolgreich (das handwerkliche Geschick war also vorhanden), aber die Versorgung von Patientenfällen war trotzdem nicht möglich. Hierfür wäre eine längere Einarbeitungszeit nötig gewesen.
Dennoch war die spanische Praktikantin eine kulturelle Bereicherung für unser Labor. Auch am Wochenende wurden gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Klettern oder Minigolf unternommen. Das Highlight ihrer Zeit bei uns in Deutschland war der gemeinsame Besuch der Dentalmesse IDS in Köln, bei der wir als 10-köpfiges Kollegenteam die neuesten Entwicklungen der Branche entdecken konnten.
Ende September 2017, pünktlich zum Beginn der ungemütlichen Jahreszeit in Deutschland, brach Yvan Nguyen (Auszubildende im 3. Lehrjahr) auf zu ihrem zweimonatigen Abenteuer in Andalusien. Ihre Unterkunft hatte eine hilfsbereite spanische Zahntechnikerin ausfindig gemacht, die Herr Bernhardt während des Besuchs im Frühjahr kennengelernt hatte. Aus der Ferne hätte es sich sonst schwierig gestaltet, passende Wohnungen oder Apartments zu finden – ein echter Glücksfall also!
Die Wohnung teilte sich Frau Nguyen gemeinsam mit einer Klassenkameradin. Glücklicherweise war die Wohnlage sowohl günstig zum Labor J.Paniagua und zum IES Santa Barbara, als auch zum Strand – so stand einem unkomplizierten Arbeitsalltag und dem Genuss des verlängerten Sommers am Meer nichts im Wege.
Im Laboralltag konnte Frau Nguyen viele (ihrem Ausbildungsstand entsprechende) Tätigkeiten übernehmen und hatte als Arbeitskraft einen wirtschaftlichen Wert für das spanische Partnerlabor. Zudem repräsentierte sie unser Labor, erläuterte das duale Ausbildungssystem und die Situation im deutschen Handwerk vor den Studenten des IES.
Yvan Nguyen fasst ihre Erfahrungen in Malaga wie folgt zusammen:
„Meine spanischen Kollegen konnten mir mit ihrer Mentalität und der gelassenen Arbeitsatmosphäre zeigen, dass die zahntechnische Arbeit trotz hohem Zeitdruck nicht zwangsläufig stressig sein muss. Oft hört man, dass Fleiß nicht zu den spanischen Grundtugenden gehört, weil ihr Arbeitstag erst um 8 beginnt und sie eine „Siesta“ von zwei Stunden einlegen. Trotzdem müssen sie wie in Deutschland ihre 40 Arbeitsstunden in der Woche erfüllen. Allerdings ist die Wochenaufteilung an das Mittelmeerklima angepasst, sodass sie abwechselnd um 15 Uhr frühen oder erst um 20 Uhr späten Feierabend machen. Somit entgeht man der heißen Mittagssonne und kann außerdem noch den Nachmittag für sich nutzen.
Dennoch nehmen die spanischen Kollegen die Arbeit sehr ernst. Ihre Arbeitsweise ist zwar nicht mit der deutschen Disziplin und Präzision zu vergleichen, jedoch ist das Endergebnis immer noch ansehnlich und kann den Patienten durchaus verkauft werden. Sie bemühen sich neue Methoden zu testen und Innovation ins Labor zu bringen, denn die Spanier haben ihre ganz eigene Dentalmesse – die ExpoDental in Madrid. Die gemeinsamen Pausen sind aber mindestens genauso wichtig, wie die Arbeit. Das gemeinsame Frühstück im Labor ist Teil der täglichen Routine und am Freitag auf dem Wochenmarkt essen zu gehen ein Highlight und guter Abschluss der Woche, auf den alle Kollegen hin fiebern.
Die Verständigung erwies sich allerdings als Problem, denn kaum ein Spanier spricht Englisch. Oft musste ein Wörterbuch verwendet werden oder man hat sich mit Händen und Füßen verständigt. Dennoch waren die Spanier immer darum bemüht, mir Sachen zu zeigen und zu erklären, damit ich Neues dazu-lerne. Daher konnte ich in den zwei Monaten aktiv im Betrieb mitarbeiten und den Kollegen nach einiger Einarbeitungszeit helfen und in jeder Abteilung Erfahrung sammeln.“
Sowohl für spanische als auch für deutsche Berufseinsteiger bietet das ERASMUS+-Programm eine Bereicherung des Ausbildungsverlaufs. War es bislang nur Studenten vorbehalten, während ihres Bildungsweges interkulturelle Erfahrungen zu sammeln, können nun auch junge Menschen in Ausbildungsberufen ihren Lebenslauf mit einem Auslandsaufenthalt aufwerten.
Nicht verschweigen wollen wir die bürokratischen Hürden, die nur in enger Zusammenarbeit mit der Berufsschule überwunden werden konnten. Stapel von Dokumenten mussten ausgefüllt werden und zwischen Spanien und Deutschland hin- und hergeschickt werden. Bei der Suche nach einem passenden spanischen Labor und einer Unterkunft für unsere Auszubildende hätten wir uns mehr Unterstützung durch die spanische Austauschorganisation erhofft. Ohne unsere glücklichen Zufälle hätte dies zum echten Problem werden können.
Grundvoraussetzung ist ein sehr flexibler ausbildender Betrieb, der den Auszubildenden für einige Wochen freistellt und im Gegenzug einen ausländischen Praktikanten ausgiebig betreuen kann und will. Eine tatkräftige Unterstützung im Arbeitsalltag, wie es unsere Auszubildende im spanischen Labor war, darf man wegen der spanischen Berufsbildungsstandards nicht erwarten. Der Mehrwert liegt in diesem Fall also eher auf der Seite der Auszubildenden.
Trotzdem halten wir das ERASMUS+-Programm für wertvoll, um die Ausbildung in unserem Beruf für junge Menschen attraktiver zu gestalten. Denn nur durch Begeisterung für unser Handwerk, das Angebot von zeitgemäßen Bildungsmöglichkeiten und das Aufzeigen von beruflichen Perspektiven wird die Bereitschaft, einen Ausbildungsberuf zu erlernen, bei jungen Berufseinsteigern in den nächsten Jahren wieder zunehmen.
Weitere Infos erhalten Sie auf der Internetseite www.erasmusplus.de oder im persönlichen Kontakt mit dem Europabeauftragten der zuständigen Berufsschule Ihrer Region.
Beteiligte Partner am Erasmus-Austausch:
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